Wilhelm Recker

wilhelm becker
Wilhelm Becker

 

Willi war vielen naturschutzbewegten Menschen in Brandenburg, Berlin und darüber hinaus als der „Biberexperte“ bekannt.

 

Geboren wurde er am 19.6.1935 in Hamburg. Sein Lebensweg war geprägt von der Liebe zur Natur. So arbeitete er lange Zeit als Tierpfleger im Berliner Tierpark und daran anschließend im Pionierpark in der Wuhlheide. Während dieser Zeit hat er sich autodidaktisch ein immenses biologisches Wissen und hervorragende feldbiologische Kenntnisse angeeignet. Seine besondere Vorliebe und Fürsorge galt aber dem Biber. Neben seiner Arbeit im Tierpark fand er seit 1963 immer wieder Zeit, sich mit den Bibern in der Schorfheide zu beschäftigen. Zur Verbesserung der von Austrocknung bedrohten Biberlebensräume in der Umgebung von Groß Schönebeck wurden von ihm Gräben gegraben und Tausende von Stecklingen gepflanzt. An zahlreichen Gewässerufern zwischen Berlin und der Schorfheide gibt es Anpflanzungen, die von ihm als Nahrungsgehölze für den Biber angelegt wurden.

 

Seiner Gesundheit war das weniger förderlich, aber das nahm er im Interesse der Sache nicht so genau. Auf oft dreißig Kilometer langen Märschen entlang von Gräben, Kanälen und Seen erfasste er die Spuren der Biber. Dadurch hatte er einen exzellenten Überblick über die Bestandssituation im Gebiet der Schorfheide bis Oranienburg und Hennigsdorf. Unvergesslich für die, die ihn kannten, sind seine in winziger Schrift verfassten Exkursionsnotizen, notiert auf der Rückseite seiner Zigarilloschachteln und mit unzähligen Kürzeln versehen, die nur er verstand. Zuhause wurden die Daten umgehend aufbereitet und an Naturschutzbehörden und -stationen sowie Kollegen weitergeleitet.

 

Durch seine zeichnerische Begabung war er in der Lage, Details des Biberlebensraums, den Aufbau von Biberburgen und vieles mehr allgemein verständlich darzustellen. Nicht zuletzt zeugen davon auch zahlreiche Biber-Comics, mit denen er seine Briefe schmückte. Neben den Populationsdaten sammelte Willi Hinweise zur Nutzung der Gehölze durch die Biber. So finden sich in seinen Unterlagen über 70.000 Daten zu Biberfällungen. Aus diesen Beobachtungen resultieren zahlreiche Publikationen. Darunter befindet sich auch ein nur mit Schmunzeln zu lesender Artikel für die Zeitschrift „Das Tier“ vom Jahr 1970 mit dem vielsagenden Titel: „Steinmarder sind eine Zerreißprobe für Möbel und Pfleger – Zu Untermiete bei einem Steinmarder“. Der gesamte Artikel ist ein Zeugnis seines trockenen Humors, der ihn immer begleitete. Besucher bei ihm aus dieser Zeit berichten von einem Steinmarder, der sie in der Küche begrüßte, im Wohnzimmer quakten Laubfrösche und Rotbauchunken fühlten sich in einem riesigen Terrarium offensichtlich sehr wohl. Der Balkon glich einer Baumschule – überall befanden sich Gläser und Büchsen mit Gehölzstecklingen.

 

Aber Willi kartierte nicht nur und sammelte Daten, sondern er brachte auch die Leute zusammen, wenn es etwas zum Schutz der Biber zu tun gab. Dazu wirkte er auch ehren- amtlich in den Fachgruppen Herpetologie, Aquaristik und Ornithologie des Kulturbunds mit. Dabei lag ihm besonders die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen am Herzen. Und so wurde er 1972 zum ehrenamtlichen Naturschutzbeauftragten des damaligen Kreises Bernau berufen.

 

Als Willi Recker erkannte, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis die Biber auch das „Territorium der selbstständigen politischen Einheit Westberlin“ erreichen würden, scheute er sich nicht, über private Kanäle mit den Menschen auf der anderen Seite der Mauer Kontakt aufzunehmen. Daraus resultierte ab 1987 ein dauerhafter und intensiver Kontakt zu Westberliner Naturschützern. Es kam zu zahlreichen Exkursionen ins Umland, auf denen die „mauergeschädigten“ Westberliner zum ersten Mal von den Naturschätzen im Berliner Umland erfuhren und über die Spuren des Bibers staunen lernten. 1989 kam die Wende und mit einer Verspätung von 5 Jahren kamen auch die Biber über die Oberhavel nach Berlin. Es war natürlich Herzenssache für Willi, auch hier die Ausbreitung seiner Lieblinge zu verfolgen. Aus dem Waldläufer wurde ein Stadtläufer. Für Willi war es eine besonders spannende Sache, zu erfahren, wie seine Biber nun mit den völlig neuen Lebensbedingungen der Großstadt umgingen. Von den Experten in den Naturschutzbehörden von Berlin hätte keiner einen Pfennig darauf verwettet, dass die Biber sich im Stadtgebiet ansiedeln würden – zu viele Störungen, zu schlechte Lebensbedingungen – das war die einhellige Meinung.? Die Biber sahen das anders und blieben. Dank Willis unermüdlicher Kartierarbeit wissen wir, dass einzelne Tiere bis weit in die Innenstadt hineinschwimmen und dort auch zumindest zeitweise suboptimale Bereiche besiedeln. Auch in Berlin ging er auf die Mitarbeiter der Wasserstraßenverwaltung und Naturschutzbehörden zu, redete mit Förstern, stellte Planungsbüros seine Daten zur Verfügung und forderte die Lösung von Problemen und Miss- ständen. Er konnte auch nerven, wenn sich die Dinge nicht in die richtige Richtung bewegten. Nebenbei hatte er außerdem eine umfang- reiche Mistelkartierung für ganz Berlin und Brandenburg durchgeführt, die im Jahr 2003 veröffentlicht wurde.